Stellungnahme zum Abbruch der Sitzung der Bezirksversammlung am 06. Oktober

Linksfraktion Wandsbek
LF WandsbekAnträgeStellungnahme

Ein kurzer Bericht und unsere Schlussfolgerungen zu den Ereignissen in der Bezirksversammlung am Donnerstag, den 06. Oktober, die zum Abbruch der Sitzung führten:

 

Thema war der Debattenantrag (Tagesordnungspunkt Ö 4.3 Drs 21-5942) der CDU mit der Forderung, die Stelle des Bezirksamtsleiters Thomas Ritzenhoff, dessen Amtszeit kommendes Jahr endet, öffentlich auszuschreiben. Diese Forderung ist ein ständiges Ping-Pong Spiel zwischen Opposition und Koalition.

Opposition: Die qualifizierteste Person muss auf diesen Posten, deswegen ausschreiben
Koalition: Die Bezirksamtsleitung ist das Bindeglied zwischen Verwaltung und Bezirksversammlung. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und auch Zielübereinstimmung von BA-Leitung und Mehrheitsfraktionen muss gewährleistet sein, um sich nicht gegenseitig zu blockieren. Deswegen direkt bestimmen.
CDU/SPD/Grüne sind da in ihre Positionen sehr wandlungsfähig, je nach dem, ob sie gerade selbst Opposition oder Teil der Koalition sind.

Die Linksfraktion ist seit jeher der Meinung, dass eine solche Stelle öffentlich ausgeschrieben gehört. Die Endabstimmung erfolgt ohnehin in der Bezirksversammlung (genaueres zum Verfahren könnt ihr in §34 des Bezirksverwaltungsgesetzes nachlesen), aber durch eine Ausschreibung und ein Bewerbungsverfahren wären die Personen wenigstens in der Pflicht, einmal Ihre Qualifikationen offen zu legen. Und es würde eine Debatte angestoßen werden, die auch die Koalition dazu bewegen könnte, sich zu erklären, wenn sie eine Person aus politischen Motiven einer anderen, besser qualifizierten Person vorzieht. Aus unserer Sicht ist es ein lang anhaltender Missstand, dass die Wandsbeker*innen den Bezirksamtleiter oder die Leiterin nicht wählen können, obwohl das Amt seit Jahren oder Jahrzehnten immer wieder durch die Mehrheiten der Bezirksversammlung politisch besetzt wird.

Nun stellte die CDU in der Bezirksversammlung vom 06.10. in der Pause fest, dass unter den anwesenden Mitgliedern der Bezirksversammlung die Koalition keine Mehrheit hatte. Der Debattenantrag, den wir als Linksfraktion wie erwähnt unterstützen, hätte die Chance auf Annahme gehabt. Die CDU schlug vor, die Abstimmung geheim abzuhalten. Auch diesem Vorgehen hätten wir in der Hoffnung zugestimmt, auf diesem Weg auch einige Mitglieder der Koalition eine Ja-Stimme abringen zu können.

Die Sitzung wurde daraufhin unterbrochen und der Ältestenrat einberufen. Dort erinnerten SPD/Grüne daran, dass man sich im letzten Ältestenrat auf ein Pairing-Verfahren für diese Bezirksversammlung geeinigt habe. Ein Pairing-Verfahren ist die Einigung, dass die einzelnen Fraktionsstärken bei Abstimmungen in Gänze zählen, selbst wenn einzelne Mitglieder nicht anwesend sein sollten. Während den Sitzungen der Bezirksversammlung in der Corona Pandemie hatten sich alle Fraktionen darauf verständigt, um auch mit reduzierter Anzahl tagen zu können und die Ergebnisse der Sitzungen nicht von den Testergebnissen auf Covid abhängig zu machen. Dass dieses Verfahren auch für letzten Donnerstag vereinbart wurde, war uns als Linksfraktion im Vorfeld nicht bewusst gewesen. Unsere Fraktionsvorsitzende und Mitglied im besagten Ältestenrat konnte krankheitsbedingt diesen Donnerstag aber nicht teilnehmen. Und im Normalfall ist die Pairing-Information auch nebensächlich, weil die Mehrheitsverhältnisse durch die anwesenden Mitglieder stets zugunsten SPD/Grüne gegeben waren).

Unsere drei anwesenden Fraktionsmitglieder kamen während der Unterbrechung der BV zu dem Ergebnis, dass wir unter diesen Umständen eine geheime Abstimmung (die die CDU dennoch weiterhin hätte beantragen können, weil sie für dieses Anliegen mit der FDP zusammen die erforderlichen 20% der BV-Mitglieder hat) nicht unterstützen und uns an das vereinbarte Pairing-Abkommen gebunden fühlen. Abgemacht ist abgemacht.

In der Zwischenzeit hatten jedoch SPD und Grüne ihre Taschen gepackt und bis auf eine Person den Saal verlassen. Der verbliebene Abgeordnete zweifelte nun offiziell die Beschlussfähigkeit der BV an. Und tatsächlich, durch das Hinausgehen von SPD/Grüne waren nur noch 25 der 57 Abgeordneten anwesend, die BV damit nicht beschlussfähig und die Sitzung wurde abgebrochen.

Foulspiel der CDU, weil sie das Gentlemen-Agreement des Pairing-Verfahren wissentlich aufkündigt. Revanche-Foul der Koalition, weil sie sich der Abstimmung durch billigen Geschäftsordnungs-Antrag entzieht. Das gesamte Vorgehen wirft aber ein Schlaglicht auf die Gesamtsituation. Die Stimmung in der Bevölkerung ist gelinde gesagt explosiv. Zu den Themen wie dem Umbau der Rodigalle und zur Clearingstelle für Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge waren bei der besagten Bezirksversammlung rund 80, zumeist wütende, Bürger*innen auf der Galerie. Die CDU nutzt die Möglichkeit für Populismus, von der AfD wollen wir gar nicht reden. Der Hamburger Senat kommuniziert extrem schlecht und kurzfristig in die Bezirke, und die rotgrüne Koalition in Wandsbek kriselt extrem (nach einem weiteren Austritt aus der Grüne-Fraktion beträgt die rechnerische Mehrheit lediglich noch 1 Stimme. Ein weiteres Mitglied der Grüne-Fraktion hat sein Mandat niedergelegt und wird nachbesetzt).

 

Hintergrund: Berichterstattung (NDR)